Architekten-, System- oder Fertighaus?

Wer sich für den Bau seines Eigenheims entscheidet, hat die Qual der Wahl: Soll man sich an einen Architekten oder eine Architektin wenden oder an einen System- oder Fertighausanbieter? Jeannette Osterwalder, Architektin bei Kobelthaus, erklärt, was die Unterschiede sind.

Architekten-, System- oder Fertighaus?
Interview Anna Ettlin
Wer sich für den Bau seines Eigenheims entscheidet, hat die Qual der Wahl: Soll man sich an einen Architekten oder eine Architektin wenden oder an einen System- oder Fertighausanbieter? Jeannette Osterwalder, Architektin bei Kobelthaus, erklärt, was die Unterschiede sind.
«Beim Systemhaus hat man mehr finanzielle Sicherheit als beim Architektenhaus.»
Jeannette Osterwalder

Jeannette Osterwalder, was versteht man unter den Begriffen Architektenhaus, Systemhaus und Fertighaus ?
Diese Begriffe sind nicht ganz klar voneinander abgegrenzt. Das Architektenhaus ist am einfachsten zu erkennen: Man geht mit seinen Wünschen zu einem Architekten, der daraufhin einen individuellen Entwurf anfertigt. Beim Architektenhaus geniesst man komplette Planungsfreiheit, kann sämtliche Unternehmer selber aussuchen und alle möglichen Sonderwünsche anbringen.

Systemhäuser werden von Unternehmen wie Kobelthaus angeboten. Die Bauherrschaft wählt dabei aus einigen «vorgeplanten» Häusern dasjenige, das ihren Wünschen und Bedürfnissen am ehesten entspricht. Schlussendlich ist ein Systemhaus aber auch sehr individuell. Rund 80 Prozent der Häuser, die wir bei Kobelthaus bauen, sind unter dem Strich Architektenhäuser, da sie umfassend an die Bauherrschaft und das Grundstück angepasst werden. Der ursprüngliche Hausentwurf ist dabei kaum noch zu erkennen. Ein Fertighaus ist eher etwas weniger anpassbar und flexibel und wird oft in Holzelementbauweise vorgefertigt. Allerdings ist nicht jedes Holzhaus ein Fertighaus.

Welche Vorteile geniesst die Bauherrschaft , die sich für ein Systemhaus entscheidet?
Die Entwürfe, aus denen man wählen kann, dienen als Hilfestellung für Menschen, denen es schwerfällt, sich vorzustellen, wie ein Entwurf schlussendlich aussehen könnte. Für uns als Architekten ist es auch ein Vorteil, wenn Kunden sagen können, welche Hausidee von unserer Website oder aus unseren Unterlagen ihnen gefällt. So können wir die Kunden besser einschätzen und ihnen Vorschläge machen, die ihrem Geschmack entsprechen.

Die Festpreisgarantie, die wir auf unsere Häuser geben, ist ein weiterer Vorteil. Die Bauherrschaft weiss bereits beim Entwurf genau, was ihr Haus kosten wird. Bei einem Architektenhaus müssen Sie damit rechnen, dass die tatsächlichen Kosten um bis zu 20 Prozent von den ersten Schätzungen abweichen, meistens nach oben. Mit einem Systemhaus hat man mehr finanzielle Sicherheit, was vor allem Bauherrschaften mit einem begrenzten Budget sehr schätzen. Das soll nicht heissen, dass ein Systemhaus zwingend günstig ist. Unter Umständen kann es genauso teuer kommen wie ein Architektenhaus. Der Unterschied liegt darin, dass Sie von Beginn an den genauen Kostenpunkt kennen.

Der dritte grosse Vorteil des Systemhauses ist die Garantie. Wer mit Kobelthaus als Generalunternehmer baut, erhält eine Garantie auf das ganze Haus. Die Garantieleistungen laufen komplett über uns. Wenn der Kunde einen Mangel feststellt, muss er nur uns informieren. Wir sorgen dafür, dass der Mangel behoben wird. Bei einem Architektenhaus müssen Sie in der Regel selbst mit den Handwerkern Kontakt aufnehmen und sich um die Nachbesserung kümmern. Es ist zudem oft nicht ganz einfach festzustellen, welches Gewerk den Mangel verursacht hat und welcher Handwerker dafür verantwortlich wäre.

Welche Änderungen werden am häufigsten an den fertigen Systemhausentwürfen vorgenommen?
Meistens wird das Haus so abgeändert, damit es auf das Grundstück und in seine Umgebung passt. So sind unsere Systemhäuser zum Beispiel für flache Grundstücke geplant, in der Schweiz haben wir heutzutage aber vermehrt Hanglagen. Da kann man nicht einfach ein fixfertig geplantes Haus hinstellen, sondern muss sehr auf die Gegebenheiten vor Ort achten. Die Änderungen, die seitens der Kunden kommen, fokussieren sich meistens auf die gestalterischen Aspekte.

Verursachen solche Anpassungen Zusatzkosten  für die Bauherrschaft?
Bei der Planung entstehen bei uns dadurch keine Zusatzkosten. Wir sind es gewohnt, die Entwürfe in der ersten Planungsphase an die Wünsche der Kunden anzupassen, wenn nötig auch mehrmals – bis der Entwurf sowohl gestalterisch als auch preislich stimmt. Diese Flexibilität kalkulieren wir ein, solange sie sich in einem normalen Rahmen bewegt.

Sind Änderungen auch während der Bauphase noch möglich ?
Das ist grundsätzlich schon möglich, aber es wird schwieriger. Wir informieren die Kunden daher im Voraus, dass das zu Mehrkosten oder Verzögerungen führen kann. Es kann beispielsweise sein, dass ein Handwerker bereits ein Bauteil vorgefertigt hat, das nun nicht mehr benötigt wird. Grosse Änderungen muss man zudem bei der Gemeinde neu bewilligen lassen, was zu langen Wartezeiten führen kann. Wenn ein Kunde sich dieser Folgen bewusst ist und die Änderung trotzdem vornehmen will, ist das natürlich möglich.

«Alle Baukonzepte sind auch im Minergie-Standard oder barrierefrei möglich.»
Jeannette Osterwalder

Wie kann eine Bauherrschaft mit einem knappen Budget das meiste aus ihrem Systemhaus herausholen ?
Wichtig ist, dass man zuerst alle Wünsche, die man hat, auch anbringt. Selbst wenn man denkt, sich etwas nicht leisten zu können. Die meisten Menschen bauen sich nur einmal im Leben ein Haus, und es wäre schade, wenn sie dabei auf etwas verzichten würden, was vielleicht möglich gewesen wäre. Wir prüfen dann, was sich im gegebenen Budget realisieren lässt und was nicht. Steht der Entwurf einmal fest, sollte man auf Änderungen in der Bauphase oder nachdem die Baubewilligung bereits erteilt wurde verzichten – diese sind in der Regel mit Mehrkosten verbunden. Auch bei der Bemusterung kann man etwas sparen. Insbesondere bei Küche und Bad ist es von Vorteil, wenn man sich ans Budget hält. Dieses Budget ist bei Kobelthaus gut berechnet und lässt eine hohe Qualität der Sanitärapparate und Kücheneinrichtung zu.

Wie lange dauern die Planung und der Bau des Eigenheims, und gibt es da Unterschiede zwischen System- und Architektenhaus?
Bei unseren Systemhäusern beansprucht die Planung etwa einen bis zwei Monate, bis der Entwurf sowohl gestalterisch als auch hinsichtlich des Budgets den Wünschen der Bauherrschaft entspricht. Danach wird das Baugesuch eingereicht, was völlig unabhängig vom Baukonzept ist. Die Baubewilligung erhält man in der Regel innerhalb von zwei bis drei Monaten, vorausgesetzt, es gibt keine Einsprachen. Dann kommt eine Vorbereitungsphase für den Baubeginn von etwa einem bis eineinhalb Monaten. Darauf folgt die Bauzeit, die meist etwa acht bis neun Monate in Anspruch nimmt. Diese Fristen gelten auch für das Architektenhaus. Lediglich die Planungsphase dauert dort in der Regel länger, da mehr Detailplanung notwendig ist, wenn man ein Haus von Grund auf plant. Dinge wie zum Beispiel der Dachabschluss sind bei unseren Systemhäusern bereits ausgearbeitet, bei einem Architektenhaus unter Umständen noch nicht.

Wie gestaltet sich der zeitliche Aufwand für die Bauherrschaft beim Bau eines Systemhauses ?
Der Aufwand ist beim Systemhaus geringer als beim Architektenhaus. Beim Systemhaus trifft der Anbieter bereits eine Vorauswahl, was dem Kunden die endgültige Auswahl erleichtert. So haben wir bei Kobelthaus beispielsweise einen Bemusterungsraum, wo die vorausgewählten Materialien und Produkte zusammengestellt sind. Diese Vorauswahl dient dem Kunden als Orientierungshilfe: Wir schlagen ihm passende Produkte vor, mit denen wir bereits gute Erfahrungen gemacht haben und bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Bei uns haben Sie normalerweise einen Anbieter, zum Beispiel für Rollläden. Bei einem Architektenhaus sind Sie komplett frei im Markt und müssen aus zahllosen Produkten eine Auswahl treffen.

Die Auswahl des Badezimmers und der Küche ist auch beim Systemhaus mit Aufwand für die Bauherrschaft verbunden. Man wählt Materialien, Möbel, Küchengeräte und Sanitärapparate. Aber auch bei dieser Auswahl stehen wir den Kunden beratend zur Seite.

Heisst das, dass die Bauherrschaft eines Systemhauses an die Vorauswahl gebunden ist und keine anderen Produkte wählen kann?
Nein – es ist natürlich möglich, auch andere Produkte zu wählen als die vorgeschlagenen. Der Bauherr sollte allerdings bereit sein, etwaige Mehrkosten auf sich zu nehmen. Schwierig wird es nur, wenn es sich um Produkte aus dem Ausland handelt. Gerade bei Apparaten ist es da nicht immer möglich, die Garantie zu gewährleisten. Da wir eine Garantie auf das ganze Haus geben, können wir solche Geräte nicht einbauen. Der Bauherr hat auch die Möglichkeit, Wünsche bezüglich der beteiligten Handwerker und Unternehmen anzubringen. Auch hier kommen aber Kosten ins Spiel. Da wir eine Kostengarantie geben, können wir nicht auf Unternehmen zurückgreifen, die ihre Dienste zu einem viel höheren Preis anbieten als unsere gewohnten Partner. Bei einem Architektenhaus hingegen ist die Bauherrschaft bei der Auswahl der Handwerker komplett frei, trägt aber auch die ganzen Kosten selbst.

Unterscheiden sich die drei Baukonzepte System-, Fertig- und Architektenhaus hinsichtlich späterer Ausbaumöglichkeiten ?
Ein späterer Aus- oder Umbau ist bei allen Häusern möglich, ob Architekten-, System- oder Fertighaus. Es kommt nicht so sehr auf das Baukonzept, sondern vielmehr auf die Bauweise an: Holzelementhäuser lassen sich dank der Leichtbauweise sicher etwas einfacher umbauen als ein Massivbau aus Beton oder Ziegelsteinen. Allerdings hat auch ein Holzhaus tragende Elemente, die man nicht entfernen kann. Beim Herausreissen der Wände oder bei einer Aufstockung ist die Statik sehr wichtig: Sie gibt vor, was möglich ist und was nicht. Wer bereits beim Hausbau an einen späteren Umbau denkt, kann dies natürlich auch in der Planung berücksichtigen. Wenn Sie zum Beispiel wissen, dass Sie in Ihrem Einfamilienhaus später einen Teil als Einliegerwohnung abtrennen möchten, um diese zu vermieten oder im Alter eine Pflegefachkraft unterzubringen, können Sie das von Beginn an planen, sowohl beim Architekten- als auch beim Systemhaus. Dann achten wir darauf, dass alle notwendigen Anschlüsse für z.B. eine zweite Küche vorhanden sind und dass die Statik entsprechend stimmt. Das geht ohne grosse Zusatzkosten. Bei Bauvollendung geben wir unseren Kunden vollständige Planunterlagen ab, was einen späteren Umbau erleichtert.

Welches Baukonzept eignet sich am besten für Bauherrschaften, die sich ein besonders umweltfreundliches Haus wünschen? Oder ein barrierefreies?
Da gibt es keinerlei Einschränkungen. Sowohl ein Architektenhaus als auch ein System- oder Fertighaus können im Minergie-Standard ausgeführt werden. Auch bei der Barrierefreiheit sind Sie an kein Baukonzept gebunden – das ist eine Frage der richtigen Planung. Und natürlich gilt dasselbe auch für den Baustil: Ob modern oder traditionell, Sie werden sowohl bei System- und Fertig- als auch bei Architektenhäusern fündig.

Wo kann sich die Bauherrschaft weiterführende Informationen zu den unterschiedlichen Baukonzepten und -anbietern beschaffen ?
Am wichtigsten ist wohl Mundpropaganda. Wenn Sie jemanden kennen, der bereits ein Haus gebaut hat, können Sie ihn nach seinen Erfahrungen fragen. Im Internet kann es etwas schwierig sein, die Wahrheit zu erkennen: Alle Anbieter präsentieren sich auf ihren Websites natürlich im besten Licht. Auch gibt es Hausforen im Netz, welche mit Vorsicht zu geniessen sind. Am besten ist es, wenn Sie sie persönlich besuchen. Bei Kobelthaus sind wir acht Architekten an drei Standorten, und wir sind bereit, Ihnen Auskunft zu geben. Zudem bieten wir jährlich drei Hausausstellungen von fertig erstellten Kundenobjekten an. Gehen Sie direkt auf die Firmen und Architekten zu, die Sie interessieren. So können Sie sich ein Bild von den Anbietern machen und sich daraufhin entscheiden.

Architekten-, System- oder Fertighaus?
Jeannette Osterwalder, Architektin Kobelthaus, Marbach
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