«Kochen hat mit Seele und Herz zu tun»
Für Heiko Nieder, Koch des Jahres 2019, ist die Küche ein Gesellschaftsraum, und gerade deshalb ist er erstaunt, dass der Abfallkübel so wenig Beachtung bei der Küchenplanung erhält. Der Profikoch spricht im Interview über Küchengeräte und -konzepte sowie Design und Funktionalität.

Einerseits finde ich das super, wie viele Menschen sich mit dem Beruf des Koches und mit dem Kochen beschäftigen. Andererseits gibt es Menschen, die diese Geräte haben, einfach um sie zu besitzen, ohne zu wissen, was man damit anfängt. Ich habe einmal einem Gast geholfen, eine professionelle Eismaschine zu besorgen, und habe ihm auch ein paar Rezepte mitgegeben. Daraufhin hat er ein paar Kurse besucht, sich eine grosse Gefriertruhe besorgt und zu Hause seine eigene Gelateria eingerichtet. Das ist bewundernswert.
Wohin führt die Reise bei den Küchengeräten ?
Heute trifft man in den Privathaushalten bereits auf den Pacojet. Das Gerät ist quasi der Ferrari unter den Kochmixern. Mir persönlich fehlt allgemein eine eingelassene und abdeckbare Vorrichtung in der Arbeitsfläche, um ein Wasserbad machen zu können. So etwas wäre auch in der Privatküche denkbar. Die Dampfgarer, die wir hier in der Profiküche haben, werden sich im Haushalt kaum etablieren. Dafür ist der Dampfkochtopf einfach zu handlich. Er wird vermutlich nur weniger genutzt, als man bei der Anschaffung denkt.
Was braucht die Küche im Eigenheim wirklich an Ausstattung ?
Eine Herdplatte und einen Kühlschrank.
Was ist mit Wasser ?
In meiner ersten Wohnung hatte ich eine mobile Herdplatte und einen Kühlschrank. Die Kaffeetassen habe ich im Badezimmer gespült. Es war rudimentär, aber Kochen kann auch so Spass machen. Meine Eltern haben mir dann eine kleine Spüle geschenkt. Das ist die absolute Minimalausstattung, mit der keiner auskommen muss, aber theoretisch würde es reichen. Um sich wohlzufühlen, braucht es schon auch einen Herd mit Backofen, ein Tiefkühlfach im Kühlschrank und ein Spülbecken, das so gross ist wie das Backofenblech.
Wie ist Ihre Küche zu Hause eingerichtet ?
Meine Küche ist von Bulthaup und mit Gaggenau-Geräten ausgestattet. Ich koche mit einem Induktionskochherd, der über Flächeninduktion verfügt. Darauf kann ich die mobile Teppanyakiplatte installieren. Extra kaufen würde ich mir dieses Gerät für zu Hause allerdings nicht, weil man es richtig gut pflegen muss. Die mobile Lösung aber ist sensationell. Zudem gibt es noch eine Nespresso-Maschine und natürlich auch Steamer, Thermomix, Kitchen-Aid und Wärmeschublade. Die Küchenzeile ist zugleich Raumtrenner zwischen Essbereich und Wohnzimmer und dämmt so den Küchenlärm.
Die Digitalisierung macht vor der Küche nicht halt. Wie schätzen Sie den Mehrwert von smarten Funktionen auf den persönlichen Kochspass ein ?
Ich halte es für sinnvoll, dass gewisse Geräte einen Timer haben oder der Herd sowie der Backofen über gewisse Programme verfügen. Alles andere aber ist zu viel. Kochen hat mit Seele und Herz zu tun. Wenn der Kühlschrank informiert, dass etwas faul wird, und man das nicht selbst sieht, ist das eher bedauernswert. Lebensmittel zu verarbeiten, Ordnung und Übersicht in der Küche zu haben, gehört zur Bewirtschaftung. Ich finde es schön, wenn man sieht, dass das Brot gar ist, oder wenn man den Omatrick mit der Nadel im Kuchen noch kennt. Natürlich erleichtern diese technischen Errungenschaften das Leben. Aber kochen sollte man nicht nur nach Schema F, so geht die Leidenschaft verloren.
Heiko Nieder, Chef Fine Dining The Restaurant
Der Kochspass beginnt schon bei der Konzeptionierung der Küche. Worauf kommt es an ?
Es ist eine Mischung aus Funktionalität, Design und persönlichem Geschmack. Die Küche ist je nach Raumverhältnissen auch ein gesellschaftlicher Ort. Früher war der Esstisch ja oft in der geschlossenen Küche integriert. Heute geht die Küche oft zum Ess- und Wohnbereich über. Deshalb ist gerade die Mischung aller drei Faktoren so wichtig. Wenn es für die Bewohner stimmt, ist es ein perfekter Raum.
Was sind die wohl häufigsten Fehler, die bei der Küchenplanung gemacht werden?
Es gibt Leute, die sich eine Küche designen lassen, die in der Anordnung unsinnig ist, weil beispielsweise die Tür zur falschen Seite aufgeht oder das grosse Spülbecken Arbeitsfläche wegnimmt oder sich das Waschbecken direkt neben dem Herd befindet. Das sind Fehlplanungen, die sich vermeiden lassen. Wichtig ist, einen guten Küchenplaner zu haben.
Was bekommt bei der Küchenplanung zu wenig Beachtung ?
Der Müll. Die Anordnung unterhalb der Spüle ist sicher der richtige Ort dafür. Das Waschbecken geht tief, und so nützt man den noch vorhandenen Raum gut aus. Was aber nicht fertig gedacht ist, ist, wie der Müll dorthin gelangt. Beim Kochen hat man meist dreckige oder nasse Hände. Das grosse Thema beim Wegschaffen von Essensresten ist die Distanz zum Mülleimer. Oft geht etwas daneben oder landet an der Tür. Diese Kante und den Türgriff putzt man täglich. Ich könnte mir eine Abfallklappe vorstellen, die vielleicht in der Arbeitsplatte integriert ist. Das wäre handlich und hygienisch. Soviel ich weiss, gibt es Bestrebungen, den Müll beim Einwurf schockzugefrieren. Eine gute Idee, die auch unangenehme Gerüche aus der Küche fernhält.
Wenn Sie Ihre Küche neu planen könnten, was würden Sie ändern ?
Was ich nicht habe, ist ein integrierter Weinkühlschrank. Dafür muss ich immer noch in den Keller gehen. Wenn wir Gäste haben, spielt sich alles um den Küchenblock herum ab. Dafür sind die Schranktüren mit Push-Pull-Funktion ungeeignet. Bei meiner nächsten Küche mache ich das sicher besser. Zudem überlege ich gerade, mir einen Pizzaofen installieren zu lassen.
Wie oft sind Sie in Ihrer eigenen Küche anzutreffen ?
An meinen freien Tagen koche meistens ich für meine Familie.
Kochen Sie zu Hause anders als im «Dolder» ?
Ganz klar, ja. Was ich hier mache, ist deutlich aufwendiger. Auch noch so zu Hause zu kochen, würde mir keinen Spass bereiten. Ich koche privat alles Mögliche – von Sushi über libanesisches Essen bis zu Grossmutters Eintopf.
Was ist Ihr Leibgericht ?
Ich habe keines. Ich liebe Essen. Würde ich nur ein Gericht wirklich mögen oder schätzen, würde mir im Leben etwas fehlen.







