In die Zukunft schauen

Die W. Schneider + Co. AG stellt seit über 60 Jahren Spiegelschränke und Lichtspiegel her. Als das Geschäft vor fünf Jahren neue Inhaber bekam, ging ein Ruck durch den Betrieb. Heute ist die Firma ein moderner Arbeitgeber, der noch immer in der Schweiz produziert.

In die Zukunft schauen
Die Qualitätskontrolle als oberstes Gebot: Jeder einzelne Spiegelschrank und Lichtspiegel wird vor dem Verlassen der Produktion genau geprüft.
Text Lina Giusto | Fotos Holger Jacob
Die W. Schneider + Co. AG stellt seit über 60 Jahren Spiegelschränke und Lichtspiegel her. Als das Geschäft vor fünf Jahren neue Inhaber bekam, ging ein Ruck durch den Betrieb. Heute ist die Firma ein moderner Arbeitgeber, der noch immer in der Schweiz produziert.
Sie sind für das Spiegelbild eines jeden dritten Schweizers und einer jeden dritten Schweizerin verantwortlich: Die Firma W. Schneider + Co. AG stellt seit 66 Jahren Lichtspiegel und Spiegelschränke her. «Als ich die Firma vor fünf Jahren übernahm, war klar, dass ich mir etwas einfallen lassen musste, damit wir weiterhin in der Schweiz produzieren können», sagt Martin Holenweg, Mitinhaber und Geschäftsführer des Unternehmens. Also krempelte er die Ärmel hoch und legte los. Auf die Analyse der internen Prozesse folgte eine Verschlankung der Produktion – von zwei auf einen Standort im sankt-gallischen Flums, damit eine Just-in-time-Herstellung realisierbar wurde. So wird heute nur das produziert, was auch tatsächlich bestellt wird. Zudem hat Martin Holenweg die LED-Fertigung im Betrieb etabliert, was die Herstellkosten der Firma zusammen mit den anderen Massnahmen weiter senkte. Am bisherigen Standort in Langnau am Albis befinden sich heute noch der Verkauf und das Marketing. «Wir sind schneller und wettbewerbsfähiger geworden», fasst Martin Holenweg das neue System zusammen. Das war notwendig, damit die Kunden – der Sanitärgrosshandel wie beispielsweise Sanitas Troesch oder Sabag – weiterhin zufriedengestellt werden konnten. «Die Badezimmerausstatter möchten ihren Kunden immer kürzere Lieferzeiten anbieten», sagt der W.-Schneider-Chef. Diesen Anforderungen gegenüber stehen teilweise wöchentliche Bestellungsschwankungen von bis zu 300 Prozent. «Um diese Wellen auffangen zu können, wurde bis 2017 fürs hauseigene Lager produziert. Unser Fertiglagerbestand lag bei rund 8000 Schränken respektive Spiegeln», sagt Martin Holenweg und schüttelt den Kopf. Der Gedanke an die einstigen Lagerkosten und die im Lager liegenden Schrankleichen treiben ihm noch heute den Schweiss auf die Stirn. Darf er aber durch die Produktion führen, das Herz des Schweizer KMU präsentieren und die Mitarbeitenden grüssen, beginnt der Mitinhaber vor Energie zu sprühen. Dass er stolz auf den Betrieb und die Leistung der Angestellten ist, verheimlicht er nicht. «Der Spirit und der Sinn für Gemeinschaft sind bei W. Schneider äusserst stark ausgeprägt», sagt Martin Holenweg. Gerade beim Umzug von Langnau nach Flums und bei der Integration ins Werk sei die Belegschaft besonders stark gefordert gewesen. Von den heute rund 85 Angestellten der Firma sind rund zwei Drittel in Flums tätig. Mit der Zusammenstellung der Produktion im Kanton St. Gallen seien einige in die Region gezogen, andere würden täglich als Fahrgemeinschaft anreisen. Einige wenige Mitarbeitende hätten sich im Rahmen des Firmenumzugs für einen Stellenwechsel entschieden. «Ohne die Wir-schaffen-das-Einstellung der gesamten Belegschaft wäre der Schritt bei W. Schneider nicht zu schaffen gewesen», ist der Geschäftsführer überzeugt.

«Nur wer Ordnung hat und sauber arbeitet, kann am Schweizer Markt bestehen.»
Martin Holenweg, Mitinhaber und Geschäftsführer der W. Schneider + Co. AG

Schnell, aber vor allem schlank produzieren

Neben den Angestellten bezeichnet Martin Holenweg das Aluminium-Rohstofflager als Kernstück der Produktion. Direkt daneben werden an schweren Maschinen Schrankprofile sowie Seiten- und Rückwände gefertigt. Auf der grossflächigen und offenen Etage fällt besonders eine geschlossene Tür ins Auge. Dahinter tüfteln Designer und Produktentwickler an der Benutzerfreundlichkeit der Lichtschalter und an den Farben der Lichtquellen, programmieren die App zur Fernsteuerung der in den Spiegelschrank teilweise eingebauten Soundanlage und feilen am Design von Schränken und Spiegeln. Ein Stockwerk über Entwicklung, Lager und Fertigung werden die in Flums hergestellten Halbfabrikate in unterschiedlichen Farben und Pigmentierungen gespritzt, bevor sie im sogenannten Supermarkt einen Zwischenstopp einlegen. «Früher hatte jeder Schrank und jeder Spiegel seine eigenen Scharniere, Profile und Schrauben. In den letzten vier Jahren haben wir die W.-Schneider-Produkte modularisiert», erklärt Martin Holenweg. Wo also früher Tausende von Einzelteilen lagerten, sind es heute noch drei unterschiedliche Stufen von Halbfabrikaten und ein paar Hundert Einzelteile. Hierher kommen die Monteure – eben ähnlich wie in einem «Supermarkt» – und holen sich die für einen Spiegelschrank benötigten Wände sowie Spiegel und Tablare, aber auch Lichtquellen und Schalter.

Ordnung und Sauberkeit als Patent

Auffallend in diesem Produktionsbetrieb sind die Ordnung und die Sauberkeit. «Diese ist bei W. Schneider sicher überdurchschnittlich. Nur wer Ordnung hat und sauber arbeitet, kann am Schweizer Markt bestehen», sagt Martin Holenweg, während er zur Montageinsel weitergeht. An diesen Arbeitstischen werden auf Bestellung die Spiegelschränke und Lichtspiegel zusammengebaut, mit den hauseigenen LED-Bändern bestückt und in die intern hergestellten Kartons verpackt. «Hier laufen pro Woche im Schnitt 1200 Schränke über den Tisch», so der Inhaber. Zu guter Letzt werden die Kartons bestellweise auf Paletten verpackt, bevor sie zum Schweizer Grosshandel beziehungsweise nach England, Holland, Italien oder Deutschland transportiert werden. «Die Logistik haben wir ausgelagert, weil es ökonomisch und ökologisch sinnvoller ist», sagt Martin Holenweg und beendet damit die Produktionsführung. Die Umstellung von Herstellung und Fertigung sei noch nicht ganz abgeschlossen, wie er mit der Handbewegung auf eine grosse Maschine verrät. «Im Rahmen unseres laufenden Nachhaltigkeitsprojekts wollen wir das Verpackungsstyropor im nächsten Jahr durch intern produzierten Karton ersetzen», so der Firmenchef. Die Reise der W. Schneider + Co. AG geht also weiter. Für das 70-Jahr-Jubiläum hat Martin Holenweg denn auch einen ganz besonderen Wunsch. «Wenn Kunden, die ein Badezimmer ausstatten, beim Grosshandel gezielt nach einem W.-Schneider-Spiegel fragen, dann haben wir unser Ziel erreicht.» Der Weg dahin ist anspruchsvoll. Diesen hat das Unternehmen mit der Wandlung von einer starren, ungelenken Produktion zum modernen Betrieb bereits unter die Füsse genommen.

In die Zukunft schauen
Wo früher über 8000 Einzelteile und Halbfabrikate lagerten, ist heute ein übersichtlicher und ordentlicher «Supermarkt» anzutreffen.
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Aus Aluminiumplatten werden Seiten- und Rückwände der Schränke gefertigt.
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In der firmeneigenen Spritzanlage erhalten die Halbfabrikate schliesslich ihre Farbe.
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Die Einzelteile und Halbfabrikate holen die Angestellten im «Supermarkt» und setzen danach den bestellten Spiegelschrank an der Montageinsel zusammen.
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Ein W.-Schneider-Spiegelschrank ist Schweizer Handarbeit. Pro Woche gehen rund 1200 Stück über die Arbeitstische in der Montage in Flums.
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Verpackt und auf Paletten sortiert, verlassen die Spiegelschränke den Betrieb in Richtung Sanitärgrosshandel im In- und Ausland.
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Jeder dritte Schweizer hat einen in Flums hergestellten Spiegelschrank oder Lichtspiegel im Badezimmer oder im Entree hängen.
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Lichtfarbe wie auch -stärke sowie die Soundanlage, die im Spiegel integriert ist, lassen sich auch über eine App steuern.
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Martin Holenweg hat innerhalb von fünf Jahren bei der W. Schneider + Co. AG viel verändert.
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