«Smartness in der Küche muss in erster Linie das Kochen erleichtern und alltagstauglich sein»
Das Familienunternehmen Brunner Küchen feiert heuer sein 50-Jahr-Jubiläum. CEO Adrian Bernhard spricht im Interview über den Wandel der Küche und ihre Zukunftsperspektiven und gibt Tipps für die Küchenplanung.
Adrian Bernhard, welche Entwicklung hat die Küche in den vergangenen 50 Jahren erfahren?
Die Küche hat sich in dieser Zeit vom geschlossenen Raum zur offenen Wohnküche entwickelt. Der Stellenwert der Küche hat sich sehr verändert. Heute ist sie in den allermeisten Fällen das Herzstück des Zuhauses. Bei der Planung achtet man vermehrt auf das Design–passend zum Wohnraum, zu den Farben und Materialien–und auf perfekte, auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnittene Abläufe. Insbesondere die Funktionalität der Apparate hat einen Quantensprung erlebt. Um ein Beispiel zu nennen: Der Dialoggarer der Firma Miele zeigt eindrücklich, was heute mit einem modernen Küchengerät alles machbar ist. Ebenso hat sich die Bandbreite der Materialien und deren Eigenschaften enorm erweitert, was die Variations-und Kombinationsmöglichkeiten um ein Vielfaches erhöht. So sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt.
Wie hat sich die Arbeit in der Produktion verändert?
In den vergangenen 50 Jahren hat sich der Herstellungsprozess grundlegend verändert. Was in den Siebzigerjahren noch von Hand verarbeitet wurde, wird heute von unserem modern eingerichteten Maschinenpark mit höchster Präzision gefertigt. Dank innovativer Technik konnte die Qualität nochmals massgeblich verbessert werden. Wo früher Schrauben und Nägel als Verbindung gedient haben, werden heute modernste und unsichtbare Techniken angewendet. Wir haben in den vergangenen Jahren viel in die Digitalisierung investiert. Projektleiter planen heute eine Küche am Computer mit einem 3-D-CAD-System. Jedes einzelne Küchenteil wird automatisiert zugeschnitten und mit einer Etikette versehen. Auf diesem Etikett befindet sich ein Strichcode mit allen Bearbeitungsdaten, die beispielsweise auf der CNC-Maschine eingelesen und bearbeitet werden. Dennoch gibt es Arbeiten, deren perfektes Resultat nur durch fachmännisches Handwerk erreicht wird. Der letzte Schliff und ein erfahrenes Auge für die letzten Details machen die Qualität aus.
Hat die Küche in den letzten zwei Jahren aufgrund der Pandemie nochmals einen Wandel erlebt?
Die Küche als solches nicht. Doch pandemiebedingt hat man sehr viel mehr Zeit zu Hause verbracht. Man hat zusammen gekocht und das Wohnen zelebriert. Ebenfalls hatte man Zeit, sich mit seiner Wohnsituation auseinanderzusetzen und die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen. Diese Tatsache hat sicher zu einer erhöhten Nachfrage nach neuen Küchen geführt. Wir durften und dürfen einige schöne Umbauprojekte realisieren.
Welche Küchentrends beobachten Sie hinsichtlich der Gestaltung?
Im Trend liegen immer noch offene Küchen mit Insellösungen. Die Kombination zwischen Unifarben, Farben in Erdtönen und Holzelementen steht im Vordergrund. Eine klare, reduzierte Formgebung, umgesetzt mit natürlichen Materialien, liegt ebenso im Trend.
Und die Technik?
Nach wie vor ist der Kombi-Steamer eines der beliebtesten Geräte in Schweizer Küchen. Ein Zuwachs beim Kombi-Backofen mit Mikrowellenfunktion ist ausserdem festzustellen. Im Bereich Wasserhahn sind «Alleskönner» wie der Quooker oder die Modelle von Sodafresh sehr aktuell.
Was davon wird sich Ihrer Meinung nach durchsetzen und sich so vom Trend lösen und als Standard etablieren?
Wohnen respektive Kochen ist eine sehr individuelle Sache. Sicherlich kann der Kombi-Steamer als Standard bezeichnet werden. Ebenfalls wird sich der «Wasserhahn, der alles kann», weiter im Markt positionieren.
Die Küchengeräte werden immer intelligenter. Wie viel Smartness ist in der modernen Küche tatsächlich hilfreich? Wie viel Smartness ist in der modernen Küche tatsächlich hilfreich?
Smartness in der Küche muss in erster Linie das Kochen erleichtern und alltagstauglich sein. Hilfreich sind Geräte, die beispielsweise den Zeitaufwand verringern. Für anspruchsvolle Köche und Köchinnen bieten moderne Geräte zunehmend Möglichkeiten, sich an professionelle Kochmethoden zu wagen. Die Vernetzung mit mobilen Geräten ist heute schon bei vielen Herstellern Standard. Wir stellen fest, dass es sehr individuell ist, wie diese Möglichkeiten genutzt werden.
Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung der intelligenten Küche ein?
Bereits heute steht eine enorme Bandbreite an Möglichkeiten und Features zur Verfügung. Wir machen jedoch die Erfahrung, dass diese nur marginal genutzt werden. Ich denke, dass die Entwicklung sicher weitergeht. Die Frage ist immer: Welchen Nutzen habe ich von einer voll digitalisierten Küche? Wir von Brunner Küchen stehen diesem Thema sehr offen gegenüber. Aber auch hier ist wichtig, dass die Kundschaft aus all den Optionen sich für die Funktionen und den Nutzen entscheidet, die für sie persönlich sinnvoll sind.
Von den globalen Lieferengpässen war unter anderem die Küchenbranche betroffen. Mit welchem Zeitrahmen muss man insgesamt rechnen, wenn man jetzt das Projekt «neue Küche» in Angriff nehmen möchte?
Wir haben bezüglich Materialbeschaffung sehr früh reagiert, und dank guten Partnerschaften mit unseren Zulieferbetrieben liegen die Lieferfristen für unsere Küchen im normalen Bereich. Das bedeutet je nach Ausführung der Küche 6 bis 12 Wochen ab Auftragserteilung. Die Lieferengpässe bei den Elektroapparaten haben sich etwas beruhigt. Fehlende Apparate können wir in den meisten Fällen mit Leihapparaten überbrücken, die wir unseren Kunden als Service zur Verfügung stellen.
Wie sieht das Zeitmanagement in der Regel aus? Welche Schritte benötigen wie viel Zeit, und welche Reihenfolge gibt es?
Jede Küche, die wir herstellen, ist ein Unikat. Deshalb ist der Zeitbedarf sehr unterschiedlich und kann nicht verallgemeinert werden. Je nach Komplexität des Projekts und Entscheidungsfreude des Kunden braucht es mehr oder weniger Zeit und Besprechungstermine. Im Vordergrund stehen immer der Kunde und seine Bedürfnisse. Wichtig ist, dass sich die Bauherrschaft wohlfühlt und sich so viel Zeit nimmt, wie sie für die Entscheidungsfindung braucht. Eine neue Küche ist ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Ort im gesamten Wohnen und soll die kommenden 30 bis 40 Jahre Bestand haben.
Welche grundsätzlichen Überlegungen sollten Bauherrschaften im Vorfeld machen, um die Planung effizient zu gestalten?
Ideal ist, wenn man sich auf Erfahrungswerte beziehen kann, zum Beispiel: Was ist an der bestehenden Küche gut, und wo besteht Verbesserungspotenzial. Eine sorgfältige Bedarfsanalyse bildet die Grundlage für kreative, nicht alltägliche Küchenlösungen und schafft für die Bauherrschaft einen beträchtlichen Mehrwert. Unsere Berater stellen während der Besprechungen sehr viele Fragen, und es lohnt sich, diese Zeit zu investieren. Die Planung der neuen Küche ist eine Teamarbeit zwischen Kundschaft und Berater. Der Kunde kennt seine Bedürfnisse, und unsere Beraterinnen und Berater sind sehr erfahrene Verkäufer und zudem passionierte Hobbyköche. In diesem Zusammenspiel entsteht die optimal auf den Kunden geschreinerte individuelle Küche.
Bei der Auswahl der Küche gibt es verschiedene Bausteine. Was zeichnet eine gute Küche aus?
Optimale Abläufe, die auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind, und gutes zeitloses Design. Eine perfekte Verarbeitung zeigt sich in der Langlebigkeit.
Wie gehen Sie vor, um bei der Zusammensetzung der Bausteine ein perfekt abgestimmtes Ergebnis zu erzielen? Womit muss man starten, und was wird zum Schluss bestimmt?
Sind sämtliche Bedürfnisse eruiert, wird die Bestückung der Küchengeräte ermittelt, um anschliessend die Architektur der Küche zu entwerfen. Ist die Formgebung klar, kann ein erster Entwurf bereits spontan bei der Besprechung erarbeitet werden. Sind die räumlichen Bedingungen komplexer, erarbeiten wir eine oder mehrere Ideen und Varianten. Auch wenn die Farben und Materialien bereits beim ersten Termin angesprochen werden, bildet das den finalen Abschluss eines jeden Projekts.
Gibt es etwas, dessen sich viele Kundinnen und Kunden nicht bewusst sind und das immer wieder Aha-Momente im Beratungsgespräch auslöst?
Viele Kundinnen und Kunden staunen–insbesondere im Rahmen eines Umbaus–über die verschiedenen Möglichkeiten und Varianten, die mit kreativen Konzepten im bestehenden Raum realisierbar sind. Dadurch schafft die neue Küche ganz neue Kocherlebnisse.
Was möchten Sie Bauherrschaften sonst noch mit auf den Planungsweg geben?
Offen und bereit für neue Ideen zu sein.