Zwillinge
Zwei kubusförmige Häuser am Zugersee hinterlassen einen minimalen Fussabdruck und bieten maximalen Komfort.
Sie heben sich von der Umgebung ab und gleichen sich wie Zwillinge: Die beiden Häuser am Verenaweg in Buonas bieten einen Weitblick auf den Zugersee. Äusserlich sind die aus Holz erstellten Bauten einander angeglichen. Im Inneren jedoch weisen sie unterschiedliche Charaktere auf – ganz ihrem Zweck entsprechend. Im einen Gebäude wohnt die Bauherrschaft, im anderen, das rund 30 Prozent kleiner ist, befindet sich das Atelier von Realart Architects, die den Entwurf verantworten.
Stefan Nauer, leitender Projektentwickler, hatte ein Ziel: «Um den Neubau in die bestehende Gebäudestruktur einzugliedern und den Fussabdruck so minimal wie möglich zu halten, wurden schmale, dreigeschossige Holzkuben entwickelt», erklärt er. Die Schmalseite der Häuser richtet sich gegen den See aus. «Diese Positionierung erlaubt es, dass der Aussenraum das Innere durchfliesst», beschreibt er. Obwohl die Raumbreite teils nur knapp fünf Meter umfasst, ist es im Inneren lichtdurchflutet. Ein Beweis dafür, dass auch mit äusserst schmalen Dimensionen eine optimale Wirkung erzielt werden kann.
Fichte, Tanne und Lehm
Auf der Parzelle stand ursprünglich die Villa des Zuger Künstlers und Grafikdesigners Walter Hättenschweiler. Auch sein Atelier war im Haus untergebracht. «Der Bau aus dem Jahr 1963 trug durchaus futuristische Züge, das Gebäude war jedoch verwahrlost», so Stefan Nauer. Als das Grundstück 2017 zum Kauf ausgeschrieben wurde, konnte es der Projektentwickler erwerben. 2020 erfolgte der Gebäudeabbruch. In Anlehnung an die einzigartige Bauweise der Villa Hättenschweiler sollte auf der Parzelle ein augenfälliges Objekt mit besonderem Charakter entstehen. Und auch einem Atelier wollte man an diesem Ort wieder Raum geben. Entstanden sind zwei modern und zeitlos anmutende Häuser, die von Ästhetik, Funktionalität und einer ökologischen Bauweise geprägt sind. Die Bauherrschaft setzte auf nachhaltige Materialien und zukunftsweisende Techniken. So sind beide Häuser ab Erdgeschoss als Holzelementbau konzipiert. Das ausgebaute Untergeschoss aus recyceltem Beton bildet dazu das Fundament. Für den Bau der Fassaden wurden heimische Fichte und Tanne genutzt. Im Inneren trifft man auf lehmverputzte Wände, die besondere Eigenschaften aufweisen: «Sie filtern die Luft und wirken atmungsaktiv, was sich positiv auf das Raumklima auswirkt», erklärt Stefan Nauer.
«Die Schmalseite der Häuser richtet sich gegen den See aus. Der Aussenraum durchfliesst das Innere.»
Stefan Nauer, Projektentwickler
Minimalistisches Design
Der Kubus zieht sich als charakteristisches Hauptmerkmal durch das Gesamtkonzept des Wohnhauses durch. Nicht nur das Gebäude selbst ist als solcher gestaltet, sondern auch im Inneren markieren zwei Kuben Präsenz. Sie führen vom Erdgeschoss hinauf in die Attikaetage und sind massgebend für die Raumaufteilung. Ihnen wurde laut Sladjana Capliak, Leiterin Architektur bei Realart Architects, «ein warmes Kleid übergezogen»: Während der eine von Eichenfurnier umhüllt ist, trägt der andere veganes Leder.
Dies als Kontrast zu den grossen Fenstern und Glasfronten, die atmosphärisch für Abkühlung sorgen. Die zwei Kuben wurden gekonnt genutzt: In ihrem Inneren befinden sich Bad und Dusche sowie der Aufzug. In der obersten Etage, wo der Wohnbereich mit Küche angesiedelt ist, wurden Objekte wie der Backofen, die Klimaanlage, das Soundsystem und der Fernseher flächenbündig in den Kubus eingebaut. Dieses minimalistische Design ergibt ein elegantes, von Leichtigkeit geprägtes Gesamtbild. Die Innengestaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Davinci Interior Design aus Emmen entwickelt. Holz, Stein, Lehm und Leder dominieren als Materialien den gesamten Wohnbereich. In den Bädern wurde mit grossformatigen Granitplatten gearbeitet. Die Lavabos sind aus einem Steinblock gefertigt. Trotz Schwergewicht wirken sie schwebend leicht.
Nahtlose Übergänge
Fliessende und nahtlose Übergänge verleihen dem Bau Eleganz und Grosszügigkeit. Die Stockwerke sind durch eine schwebende Treppe miteinander verbunden. Die Türen ergeben in geöffnetem Zustand eine bündige Fläche mit den Wänden – und werden unsichtbar. Ganz im Gegensatz zur Beleuchtung, die auf sinnlich spielerische Art auf sich aufmerksam macht. Einbau- und Dekoleuchten wechseln sich mit Lichtbändern ab, die in die Kuben eingebaut sind. In den Bädern überraschen dekorative Pendelleuchten über den Waschbecken. Und unter den Möbeln spenden LED-Bänder indirektes Licht und erhellen die Atmosphäre. «Das Lichtkonzept ist ein Highlight», freut sich Stefan Nauer. Nicht nur die Beleuchtungsanlage, sondern auch technische Installationen können über eine Smarthome-Vernetzung bedient werden. Ebenso lassen sich Türen, Fenster und Heizung komfortabel über das Mobiltelefon oder Tablet steuern. Der Einsatz von modernster Technik führt über die Parzelle hinaus: «Garten- und Garagentor öffnen sich beim Überschreiten von definierten Bereichen automatisch», sagt Stefan Nauer. Der Faktor Energie steht bei der Smarthome-Nutzung ebenso im Vordergrund. So kann beispielsweise der Verbrauch auf das aktuelle Wetter sowie die Büro- und Wohnnutzung abgestimmt werden. Die beiden Häuser sind durch einen unterirdischen Tunnel verbunden, um Synergien im Bereich der Energie optimal zu nutzen.
Mitten im Zugerland
Im Aussenbereich haben die Architektinnen und Architekten eine kleine Oase geschaffen. Denn: «Zukünftig wird der Garten als Erholungsort eine immer wichtigere Rolle spielen», ist Stefan Nauer überzeugt. Beiden Häusern steht ein kleiner Pavillon mit eingebauter Gartenküche zur Verfügung. Der Sitzplatz wird durch ein grossläufiges Wasserbecken aufgewertet, das beim Wohnhaus auch zum Baden genutzt werden kann. Der Aspekt der Nachhaltigkeit zieht sich durch: Das Becken wird ohne Chlorzusatz oder Pumpe betrieben. Die exakt kalkulierte Beckentiefe von 1,4 Metern reguliert die Einhaltung der unterschiedlichen Wassertemperaturen, um das biologische Gleichgewicht zu halten. Umrahmt wird dieser Erholungsbereich von Kies- und Rasenflächen sowie ausgewählten Zierpflanzen. Zusammen mit den etwas höher wachsenden Apfel- und Kirschbäumen ergibt das eine harmonische Ansicht, welche die Verbundenheit des Projektentwicklers mit der Region zum Ausdruck bringt. «Den Aussenbereich haben wir so gestaltet, dass er dem Zugerland ähnlich ist», sinniert Architektin Sladjana Capliak.
TECHNISCHE ANGABEN
[ ARCHITEKTUR ]
Realart Architects GmbH, realart-architects.com
[ KONSTRUKTION ]
Holzbau | Flachdach | Fassade: Hinterlüftete Holzfassade
[ Raumangebot ]
Bruttowohnfläche: Wohnhaus 400 m² | Atelierhaus 270 m² | Anzahl Zimmer: Wohnhaus 6,5 | Atelierhaus 4,5
[ Ausbau ]
Wandbeläge: Lehmverputz | Bodenbeläge: Eichenparkett | Decken: Holz-Massivdecken | Fenster: Holz-Metall
[ Technik ]
Erdsonde, Sole-Wasser-Wärmepumpe | Komfortlüftung | Hausautomation | Photovoltaik