Über den Tellerrand
Wird aus einem Betongarten ein Naturparadies, das in die Umgebung passt, ist die Landschaftsarchitektur gelungen.
Ein Bericht aus einer Zeitschrift, die an einer Gartenmesse aufgelegt war, inspirierte die Bauherrin zur Kontaktaufnahme mit der Landschaftsarchitekturfirma Gartenkultur AG. Damit begann eine fruchtbare Zusammenarbeit.
Mit viel gegenseitigem Respekt nahmen die beiden Parteien nach einem guten Jahr der Planung die Neugestaltung des 550 Quadratmeter grossen Gartens im solothurnischen Bellach in Angriff.
«Sie ist eine begnadete Gärtnerin, was bloss zehn Prozent unserer Kundinnen sind. Die Bauherrin hat sich stark mit dem Thema beschäftigt, das hat man dem Garten angesehen», schwärmt Ben Uhlmann, einer der leitenden Landschaftsarchitekten zusammen mit Raphael Bräker: «Sie schaute über den Tellerrand. Sie wollte etwas Besonderes und jemanden, der eine andere Sicht ins Ganze bringt.»
Die Ausgangslage war ein gepflegter Garten mit tadellos angelegten Rabatten, aber mit nur einem Ort zum Verweilen für die ansässige dreiköpfige Familie. Aufenthaltsräume waren nicht festgelegt, sind zufällig entstanden, sprachen von Konzeptlosigkeit. Für die schöne Umgebung und Aussicht kam die Architektur zu grob daher. «Dem Garten fehlte ein roter Faden», erklärt Uhlmann, der die Neukonzipierung zusammen mit der Bauherrin entwickelte.
Sie und ihr Mann zeigten grosses Engagement, brachten Gegenvorschläge und das Feinmechanikerwissen des Bauherrn ein.
Blick in die Weite
Zwei Dinge standen von Beginn an fest: erstens ein Pool und für Gäste ein Badehäuschen mit Herdplatte und Cheminéeofen. Zweitens der Sichtschutz insbesondere zum anthrazitfarbenen Haus im Osten. Das Kriterium war eine gute Abtrennung, die nicht wie eine Mauer wirken sollte, was einen gewissen Widerspruch darstellte.
Die Lösung waren Natursteinplatten und Baumpflanzungen, die Tiefe und Kontrastbilder schaffen. Sechs alte Eichen verdecken die Nachbarschaftsarchitektur. Weil sie über den Sichtschutz ragen, wirkt dieser nicht wie eine Wand, aber die Bäume wie lebendige Skulpturen. Es handelt sich um italienische Flaumeichen oder Quercus pubescens. Sie stammen aus Regionen mit bloss 50 Regentagen jährlich.
«Deshalb sind sie verknorzt und haben krumme Stämme», spezifiziert Uhlmann. «Wir wollten zerfurchte Bäume mit Geschichte in den Garten bringen, die auch im Schweizer Wallis vorkommen. Sie lassen sich gut schneiden und bleiben dadurch klein. Zudem benötigen sie kaum Wasser, halten aber viel Regen aus.»
Nicht nur schotten die Bäume von anderen Bauten ab und blenden störende Komponenten aus, sie öffnen auch den Blick in die Weite und sorgen für Harmonie und Schatten. Sie kühlen Haus und Sitzplätze und schaffen gleichzeitig Intimität.
Natürliche Materialität
Die umliegende Landwirtschaftszone und eine grosse Blumenwiese verschmelzen durch die Blumenrabatten mit dem Garten. Bei der Wahl der Bepflanzung gingen die beiden involvierten Parteien ganz in ihrem Element auf. «Die Bauherrin weiss viel und hatte klare Vorstellungen davon, was sie wollte und was nicht», erzählt Uhlmann von der grossartigen Zusammenarbeit.
Nun zieren Patagonisches Eisenkraut, Kletterhortensie und Europäische Eibe die Oase am Jurasüdfuss. Gewisse Pflanzen blieben bestehen, wie die Bobby-James-Rosen. Ihre zehn Meter langen Triebe waren schon vorhanden und winden sich die Fassade hinauf.
Die Materialität im Garten hingegen wurde komplett neu gesetzt. Der gesamte Betonstein wurde herausgerissen und beim Sitzbereich Kalkstein eingesetzt. Das ergab einen feinen, glatten Boden. Beim Pool kamen Krustenplatten zum Einsatz. Das sind natürliche Abspaltungen des Natursteins. Diese Anschnitte wurden früher entsorgt und aus den Blöcken nur Platten für Mauerverblendungen oder Sichtschutz behalten.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Pools befindet sich ein als Liegefläche genutztes Deck aus brasilianischem Nussbaum in einer Alukonstruktion. Im oberen Bereich wurden Plätze erweitert. Die alte Mauer im unteren Bereich sowie die Treppenstufen wurden mit Naturstein verblendet. Der Garten verfügt nun über einen weiteren Sitzplatz, der auch im Winter für ein gemütliches Raclette oder Fondue genutzt wird. Durch die Abstufungen nimmt man die Topografie des Jurasüdhangs im Garten wahr.
«Bin ich jetzt im Mediterranen gelandet, oder bin ich im Jura?», sinniert Uhlmann. «Es ist nicht klar auszumachen.» Der Garten strahlt ein Ferienflair, aber ebenso den Geist des Ortes aus. Für Uhlmann ging es darum, ein kleines Paradies zu schaffen, einen abgesonderten Ort neben dem Haus. Oft läuft man damit Gefahr, dass er nichts mehr mit der Umgebung zu tun hat. Bei diesem Beispiel aber ist die Hochzeit zwischen Natur und Haus gelungen.
Da ist die Verbindung zu den jurassischen gelben Felsplatten, den Flaumeichen, dem Jurakies und der Tatsache, dass kein weisser Pool eingebaut wurde. Stattdessen steht hier ein Gartenpool, was dazu führt, dass das Wasser grünlich wirkt und auf einen Bergsee hinweist. «Diese Kombination ist uns besonders gut gelungen, ebenso das Zusammenspiel als Gesamtteam. Das war notwendig, weil die Bauherrschaft so hohe Ansprüche hatte. Zusammen kamen wir auf ein sehr gutes Ergebnis», schliesst Ben Uhlmann.