Erbvorbezug und andere Alternativen zur klassischen Hypothek
Um den Traum von den eigenen vier Wänden zu realisieren, kommen zuweilen auch andere Finanzierungsmöglichkeiten als ein Bankkredit in Betracht. Wichtig ist, dass man sich ein klares Bild über die Vor-und Nachteile verschafft.
Wer in jungen Jahren ein eigenes Haus anstrebt, ist in aller Regel auf Finanzmittel von Dritten angewiesen. Aber nicht in jedem Fall ist ein Finanzinstitut die einzige Anlaufstelle. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, können das auch die Eltern sein. Viele Eltern, die in guten finanziellen Verhältnissen leben, greifen ihren Kindern gern unter die Arme, indem sie ihnen zum Beispiel zu Lebzeiten einen Teil ihres Erbes auszahlen.
Fingerspitzengefühl ist gefragt
Gegenüber seinen Eltern das Thema eines Erbvorbezugs anzusprechen, will sorgfältig überlegt sein. Im Unterschied zu einer Bank handelt es sich hier nicht um eine rein geschäftliche Verbindung. Beziehungsfragen und das ganze Familiengefüge sind mit im Spiel. Idealerweise sind seitens der Eltern zumindest erste Signale erkennbar, dass ein solcher Schritt aus ihrer Sicht eine denkbare Möglichkeit ist. Wenn es tatsächlich zu einem Gespräch kommt, liegt es im Interesse aller Beteiligten, den Blick auf die ganze Familie zu richten. Die Erfahrung zeigt, dass sich eine reale oder eine gefühlte Ungleichbehandlung, namentlich zwischen Geschwistern, irgendwann zu einem familiären Konflikt auswächst. Besonders schwierig wird es, wenn sich Spannungen über lange Jahre im Stillen aufbauen und sich später in Form eines Erbstreits entladen. Wer eine solche Zeitbombe vermeiden möchte, sollte einen Erbvorbezug möglichst transparent und mit Einbezug aller direkt Beteiligten planen.
Erbvorbezug
Wenn Eltern eines ihrer Kinder mit einem Erbvorbezug unterstützen, müssen sie die Ausgleichungspflicht beachten. Diese sorgt für Gleichberechtigung, wenn es später an die Erbteilung geht. Beschenken Eltern ihre Kinder mit einem Vermögenswert (Geld, Sachwert, Immobilie), gilt das grundsätzlich als Erbvorbezug; dieser Wert wird auf den zukünftigen Erbteil angerechnet. Zwar gibt es die Möglichkeit, die Ausgleichungspflicht zu umgehen, indem man im Testament festhält, dass ein bestimmter Erbvorbezug nicht auf das Erbe angerechnet werden soll. Gültig ist das aber nur, wenn damit die gesetzlich festgelegten Pflichtteile nicht verletzt werden. Rechtlich gesehen kann man einen Erbvor bezug in der Regel formlos abwickeln. Es besteht keine Pflicht, ihn schriftlich zu fixieren. Anders sieht es aus, wenn ein Erbvorbezug aus der Übertragung einer Liegenschaft oder eines Grundstücks an einen direkten Nachkommen besteht. Hier braucht es zwingend einen schriftlichen und von einem Notar öffentlich beurkundeten Vertrag. Wichtig zu wissen: Bei der späteren Erbteilung ist der Wert einer Immobilie zum Zeitpunkt der Erbteilung nach dem Ableben der Eltern entscheidend. Hat die Immobilie bis dahin an Wert gewonnen, wird die Wertzunahme beim Erbausgleich zusätzlich berücksichtigt, also auf den Erbvorbezug aufgerechnet. Gerade bei Immobilien ist eine beträchtliche Wertsteigerung bis zum Ableben der Eltern durchaus realistisch, und aufgrund der steigenden Lebenserwartung kann die damit verbundene Last den Empfänger des Erbvorbezugs unter Umständen erst im Pensionsalter treffen. Es empfiehlt sich deshalb, wenn immer möglich, die Höhe der Ausgleichspflicht bereits zum Zeitpunkt der Übertragung verbindlich festzulegen.
Wenig steuerliche Folgen
Wer den Erbvorbezug erhält, muss ihn in der Steuererklärung deklarieren; er unterliegt der Erbschafts und Schenkungssteuer. Konkret sind die direkten Nachkommen heute aber in fast allen Kantonen von dieser Steuer befreit. Zuweilen kursieren auch Geschichten von Eltern, die ihr Vermögen frühzeitig als Erbvorbezug an ihre Kinder weitergeben, um ihrerseits dann Ergänzungsleistungen zur AHV zu beziehen. Für die Eltern kann das aber mit einer Kürzung der Ansprüche verbunden sein. Und für die Erben wird diese Form der Schlaumeierei möglicherweise zum Bumerang. Denn ab einem Erbteil von 40 000 Franken müssen sie die von den Eltern bezogenen Ergänzungsleistungen nach deren Ableben zurückbezahlen.
Darlehen von den Eltern
Für junge Familien, die es in Betracht ziehen, beim Hausbau finanzielle Unterstützung durch ihre Eltern in Anspruch zu nehmen, gibt es noch die Möglichkeit des privaten Darlehens. Bei einem Erbvorbezug wechselt der entsprechende Vermögensteil die Hand. Er geht von den Eltern an die Kinder. Beim Darlehen hingegen bleibt das entsprechende Guthaben im Vermögen der Eltern. Das heisst, die Eltern entrichten darauf weiterhin Vermögenssteuern; zudem müssen sie allfällige Einnahmen aus der Verzinsung des Darlehens als Einkommen versteuern. Der Darlehensempfänger profitiert steuerlich. Er kann sowohl die Schuld als auch allfällige Darlehenszinsen von Vermögen und Einkommen abziehen. Wichtig ist, ein Darlehen schriftlich zu regeln. Themen wie die Verzinsung, die Laufdauer oder die Modalitäten einer allfälligen Darlehenskündigung müssen klar festgehalten und für beide Parteien tragbar sein. Die Eltern als Darlehensgeber können, wie bei der Hypothek, ihre Forderung durch einen Grundpfandtitel sicherstellen.
Pensionskasse: Vorbezug
Daneben können die Ersparnisse aus der beruflichen Vorsorge (2. Säule) oder aus der gebundenen Vorsorge (Säule 3a) für die Finanzierung von Wohneigentum beigezogen werden. Grundsätzlich gibt es hier die Möglichkeit eines Vorbezugs oder der Verpfändung. Beim Vorbezug entnimmt die versicherte Person Geld aus ihrem Vorsorgeguthaben. Bei verheirateten Paaren braucht es hierzu die Einwilligung beider Ehepartner. Das bezogene Geld steht als Eigenmittel für den Erwerb oder die Erstellung von Wohneigentum zur Verfügung. Zulässig ist das allerdings nur, wenn es sich um den selbst bewohnten Hauptwohnsitz handelt. Ausserdem ist der Bezug von Vorsorgegeldern nur dann möglich, wenn mindestens 10 Prozent des Kaufpreises als flüssige Eigenmittel bereits vorhanden sind. Manche Pensionskassen legen überdies eigene Regelungen für den Bezug von Mitteln für Wohneigentum fest. Deshalb ist es für junge Familien wichtig, das Reglement zu konsultieren, wenn sie diese Option in Betracht ziehen.
So oder so, bevor man seine Ersparnisse aus der Pensionskasse oder aus der Säule 3a heranzieht, um sie in Wohneigentum zu investieren, ist eine langfristige Finanzplanung unerlässlich. Denn wer seine Vorsorgeguthaben anzapft, hat nach der Pensionierung naturgemäss tiefere Vorsorgeleistungen – also weniger Einkommen. Gleichzeitig kann es zu Leistungskürzungen infolge Invalidität oder Tod führen, gegen die man sich wiederum neu absichern sollte. Auch eine allfällige Scheidung bringt finanzielle Folgen mit sich: Ein Vorbezug gilt als Freizügigkeitsleistung, die zwischen den beiden ehemaligen Ehegatten aufzuteilen ist. Sollte das Wohneigentum zu einem späteren Zeitpunkt an Dritte veräussert werden, muss der bezogene Betrag ebenfalls zurückbezahlt werden. Für Wohneigentum, das mit Vorsorgegeldern finanziert wird, gilt eine Veräusserungsbeschränkung, die im Grundbuch angemerkt werden muss.
«Wenn Eltern eines ihrer Kinder mit einem Erbvorbezug unterstützen, müssen sie die Ausgleichungspflicht beachten.»
Verpfändung
Schliesslich besteht die Möglichkeit, seinen Anspruch auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe der Freizügigkeitsleistung zu verpfänden. Die Vorsorgegelder verbleiben, wo sie sind, und dienen lediglich als Sicherheit. Der Vorteil liegt darin, dass man auf diesem Weg von besseren Konditionen für die Finanzierung mit einer Hypothek profitieren kann. Es gelten ähnliche Einschränkungen wie beim Bezug. Beispielsweise braucht es auch hier die schriftliche Zustimmung des Ehegatten, oder es gibt spezifische Vorgaben im jeweiligen Pensionskassenreglement zu berücksichtigen.
Grundsätzlich sind der Vorbezug oder die Verpfändung von Geldern aus der 2. Säule nur dann ratsam, wenn die Altersvorsorge ohne diese Mittel trotzdem sichergestellt ist. Auch wenn das Thema Pensionierung für eine junge Familie noch weit entfernt ist, sollte man es sich gut überlegen, ob man diese Quelle für den Erwerb von Wohneigentum wirklich anzapft. Bei den freien Mitteln aus der 3. Säule kann das eher in Betracht gezogen werden.