Alpin-Chic – so funktioniert’s
Wollen Sie Ihrem Zuhause Chalet-Charme verleihen? Star-Architekt Andrin Schweizer erklärt, was den Alpin-Chic ausmacht, wie er funktioniert und was es zu vermeiden gilt.
Alpin-Chic oder Chalet-Chic ist ein Einrichtungsstil, der stark mit den Bergen verknüpft ist. Es werden Materialien verwendet, die in den Bergen vorkommen. Holz, Naturstein, Leder, einfache Textilien, wem es gefällt auch Geweihe. Das alles lässt sich auf einfache, ursprüngliche und altbewährte Art und Weise zu sehr gemütlichen Räumen kombinieren, die eine grosse Geborgenheit ausstrahlen.Ist der Chalet-Chic beliebter geworden oder eher weniger gefragt?
Wer eine Wohnung oder ein Haus in den Bergen besitzt, möchte diese entsprechend einrichten. Wir Unterländer haben nun mal eine – vielleicht etwas verklärte – Sehnsucht nach den Bergen. Entsprechend ist der Chalet-Chic zeitlos und immer gefragt.
Bei vielen Ihrer Projekte ist der Alpin-Chic vertreten. Sagt Ihnen dieser Wohnstil auch persönlich zu?
Wir haben in den letzten Jahren viele Projekte in den Bergen realisiert. In fast allen Fällen handelte es sich dabei um Ferienwohnungen oder Ferienhäuser. Mit Ferien in den Bergen sind gewisse ästhetische Erwartungen verbunden. Diese Erwartungen versuchen wir zu erfüllen. Zudem bin ich überzeugter Kontextualist. Ich arbeite gerne mit Materialien und Stilen, die zur jeweiligen Umgebung passen. Mein eigenes Haus in den Bergen habe ich selbstverständlich auch entsprechend eingerichtet.
Welche Einflüsse erlebte der Alpin-Chic in der letzten Zeit?
Ich erlebe diesen Einrichtungsstil wie gesagt als relativ zeitlos. In den letzten Jahren habe ich eine gewisse Versachlichung festgestellt. Man kommt etwas weg von allzu vielen Schnitzereien, Hirschgeweihen und karierten Kissen, und zwar zugunsten einer grösseren Einfachheit in der Formensprache.
Welche Elemente bzw. was für Materialien dürfen nicht fehlen, wenn man seinem Haus diesen gewissen Chalet-Charme verleihen möchte?
Das wichtigste und omnipräsente Material ist sicher Holz. Gemütlichkeit in den Bergen ist ohne Holz schwer vorzustellen. Es gehören aber auch schöne Textilien dazu, die für Wärme und Weichheit sorgen.
Sollte man den gewünschten Wohnstil bereits in die Architektur miteinbeziehen, oder kann jeder Wohnstil mit jedem Architekturstil harmonieren?
Ich versuche in meinen innenarchitektonischen Entwürfen mit und nicht gegen die vorhandene Architektur zu arbeiten. Alles andere wirkt leider oft aufgesetzt und wenig authentisch.
Welches Holz passt zum Alpin-Chic?
Es sind ausschliesslich einheimische Hölzer – Lärche, Arve, Tanne. Aber auch Eiche passt hervorragend.
Echtfell oder Kunstfell?
Ob in einer Einrichtung echtes Fell eingesetzt wird ist eine Gewissensfrage, die jeder für sich beantworten muss. Ich setze in unseren Projekten nur Felle ein, die ein Nebenprodukt der Fleischproduktion sind, also Felle, die nicht extra gezüchtet werden. Kuhfelle für Wandverkleidungen oder die kuschelige Kaninchenfelldecke liegen meiner Meinung nach schon drin.
Was gilt es bezüglich der Materialien und Texturen sonst noch zu beachten?
Je natürlicher die Materialien sind, desto glaubwürdiger ist die Einrichtung. Alpin-Chic hat für mich viel mit der Haptik der Materialien zu tun. Diese dürfen – oder sollen sogar – etwas grober sein. Die Hölzer sind gebürstet oder sandgestrahlt und nicht glänzend lackiert. Naturstein mag ich in den Bergen lieber gebrochen als geschliffen, und bei den Textilien finde ich einen stumpfen, groben Wollstoff oder gewaschenes Leinen passender als Samt oder Seide.
Und bezüglich Farben?
Ich persönlich kombiniere die warmen Holztöne gerne mit neutralen Farben wie Grau, Beige oder Taupe. Gerade Grau verleiht dem Chalet-Chic eine Extraportion Eleganz.
Welche Rolle spielt das Licht?
Licht spielt in jedem Raum eine zentrale Rolle. Die meisten Ferienhäuser in den Bergen werden ja vorwiegend im Winter benutzt. Wenn es draussen früh dunkel wird, sehnt man sich nach warmem Licht. Ich empfehle mehrere Lichtquellen, die unterschiedliche Lichtinseln im Raum schaffen. Man sollte unbedingt vermeiden, Räume gleichmässig ausleuchten zu wollen.
Was passt absolut nicht zum Alpin-Chic?
Ich bevorzuge harmonisch aufeinander abgestimmte Einrichtungen. Allzu grosse Brüche vermeide ich in der Regel. Deshalb würde ich auch von allen Dingen absehen, die die gewünschte Atmosphäre stören könnten. Dazu gehören für mich auch grelle Farben, was den Alpin-Chic betrifft.
Welche Fehler sollte man vermeiden, damit der Alpin-Chic-Traum nicht zum Alptraum wird?
Ich finde, dass der Grat zwischen gemütlich und kitschig gerade beim Alpin-Chic enorm schmal ist. Allzu viele Stoffe mit Hirschen und Geweihen können schnell zu einem atmosphärischen Overkill führen, in dem man nicht mehr atmen kann.
Alpen-Charme im Flachland, passt das überhaupt?
Für mich ist das ein absolutes No-Go. Alpin-Chic gehört in die Berge und sonst nirgendwo hin.
Im Winter mag ein Haus mit Berghütten-Flair gemütlich sein. Doch wie kann man einem rustikalen Haus im Frühling und Sommer Frische und Leichtigkeit verleihen?
Weg mit den Fellkissen und den schweren Wolldecken. Leichte Leinenstoffe passen wunderbar ins Chalet und sind absolut sommertauglich.